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Nimm dir das Recht zu denken, denn selbst falsch zu denken ist besser
als überhaupt nicht zu denken.
Alle dogmatischen Religionen sind Trugschlüssen verfallen, und
kein Mensch mit Selbstachtung darf sie als letztgültig
akzeptieren.
Die neuplatonische
Philosophin
Hypatia (um 355-415/416)
Habe Mut, dich deines eigenen
Verstandes zu bedienen!
Der Philosoph
Immanuel Kant (1724-1804)
Wenn man die Menschen lehrt,
wie sie denken sollen, und nicht, was sie denken sollen, so wird auch
dem Missverständnis vorgebeugt.
Der Wissenschaftler
und Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg
(1742-1799)
Wer uns vor nutzlosen Wegen
warnt, leistet uns einen ebenso guten Dienst, wie derjenige, der uns
den rechten Weg anzeigt.
Der Schriftsteller
und Journalist
Heinrich Heine (1797-1856)
Warum sagt man Freidenker?
Denker allein genügt!
Der franz. Schriftsteller
Jules Renard
(1864-1910)
(gefunden bei Friedrich Hagen)
Verzicht auf Denken ist
geistige Bankrotterklärung.
Das Christentum kann das Denken nicht ersetzen, sondern muss es
voraussetzen.
Wenn das Denken sich ungehindert auf die Reise machen soll, muss es zu
allem bereit sein, selbst dazu, bei einem intellektuellen Agnostizismus
anzulangen [...] Selbst diese schmerzliche Enttäuschung ist
besser für es als eine beharrliche Weigerung, seinen
Standpunkt überhaupt durchzudenken.
Der Arzt und
Theologe
Albert Schweitzer (1875-1965)
Die
Herausforderung besteht darin, so viel wie möglich zu
verstehen,
und dafür ist Neugier erforderlich, die von keinen Dogmen
eingeschränkt wird.
Die amerik. theoretische
Physikerin
Lisa Randall
(*1962)
(Die Vermessung des
Universums)
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Hypatia
Inhalt
Vorbemerkungen
Durch das Astronomy
Picture of the Day der NASA vom 13. Januar 2002 erhielt ich
erstmals einen Hinweis auf diese Philosophin und Astronomin. Das unten
eingefügte Porträt stammt ebenfalls aus dieser
Quelle. Ich fand danach in der mir zugänglichen Literatur
weitere Informationen. In ersten Überlegungen erwog ich diese
Internetseite nach ihr zu benennen. Leider war ihr Name nicht mehr
verfügbar.
Hypatia war sicher eine der
außergewöhnlichsten Frauen der Spätantike.
Lebensdaten
Hypatia, neuplatonische Philosophin und
Mathematikerin, * Alexandria 370, †
(ermordet) ebd. 415, Tochter des Astronomen und Mathematikers Theon von Alexandria, Lehrerin des
Bischofs Synesios, hielt dort als erste
Frau Vorlesungen über Philosophie, Mathematik, Mechanik und
Astronomie; genannt, jedoch verloren gegangen sind Werke über
Mathematik, Geometrie u. a. – Im Zusammenhang mit politischen
Unruhen wurde Hypatia von christlichen Fanatikern ermordet und
verbrannt.
Anmerkungen
- Quellen: DER GROSSE BROCKHAUS, 1979; ZEIT-Lexikon, 2005.
- WIKIPEDIA nennt abweichende
Geburts- und Sterbedaten: *um 355, †415 oder 416.
- Es existiert kein authentisches Abbild Hypatias. Das oben
eingefügte Porträt ist im Buch Little Journeys to the Homes of Great
Teachers von Elbert Hubbard 1908 erstmals im
Zusammenhang mit Hypatia erschienen. Seitdem wird es manchmal
verwendet, um sie zu "repräsentieren".
Die grausame Ermordung Hypatias
In den Kirchen- und Ketzerhistorien
(5. Buch, 3. Kapitel, § 11) des
Theologen und Historikers Gottfried
Arnold (1666-1714) fand ich folgende Beschreibung der
Ermordung Hypatias:
"Der Mordgeist ruhte aber nicht,
durch diesen blutgierigen Bischof oder Superintendenten (Anm.: gemeint ist Kyrill von Alexandria)
mehr Unheil anzurichten. Es war zu Alexandria eine sehr gelehrte und
kluge Frau, Hypatia, welche sogar auch die Philosophie
öffentlich lehrte und von jedermann hoch gehalten wurde. Diese
hörte auch der erwähnte Orestes (Anm.: nach G.
Arnold damaliger "Kaiserlicher Landeshauptmann") oft,
daher die Pfaffen auf den Argwohn kamen, sie wäre schuld
daran, daß Orestes sich gegen Cyrill nicht bequemen wollte.
Drum taten sich etliche Bösewichter von ihnen zusammen, fielen
die Frau auf der Gasse in ihrer Karosse an, schleppten sie da heraus
und in eine Kirche, zogen sie allda nackend aus und marterten sie durch
die empfindlichsten Schmerzen zu Tode, verbrannten auch endlich die
zerrissenen und zerstückelten Glieder an einem heimlichen Ort
zu Asche. Diese unmenschliche, geschweige unchristliche Tat machte dem
Cyrill später auch bei vernünftigen Leuten einen
bösen Nachklang, weil er doch bei allen diesen
himmelschreienden Sünden die Ursache war und sie auch nicht
abtat und strafte."
Der Theologe, Philosoph und
Romanautor Arnulf
Zitelmann (*1929) zitiert im Nachwort zu seinem Roman Hypatia
den Theologen und Kirchenhistoriker Sokrates Scholastikos (380-
ca.440):
»In Alexandria
lebte eine Frau mit Namen Hypatia, die eine Tochter des Philosophen Theon war. Sie verfügte
über eine so herausragende Bildung, dass sie
sämtliche Philosophen ihrer Zeit ausstach. Ihre
Lehrtätigkeit brachte sie an die Spitze der platonischen
Schule, die sich von Plotin herleitet, und sie
unterrichtete jedermann in allen Wissensgebieten, der danach verlangte.
Den Behörden gegenüber trat sie freimütig
und mit dem Selbstbewusstsein auf, dass ihre Bildung ihr verlieh, und
sie zeigte auch keine Scheu, sich in der Gesellschaft von
Männern zu bewegen. Wegen ihrer
außergewöhnlichen Intelligenz und
Charakterstärke begegnete ihr nämlich jeder mit
Ehrfurcht und Bewunderung. Diese Frau wurde nun damals das Opfer von
gewissen Machenschaften. Weil sie nämlich häufiger
mit Orestes, dem kaiserlichen Statthalter, zusammentraf, ging in der
christlichen Bevölkerung das verleumderische Gerücht
um, Hypatia sei es, die Orestes daran hindere, mit Kyrill, dem Bischof der Stadt,
freundschaftliche Beziehungen zu pflegen. So verschworen sich
verschiedene Hitzköpfe unter Führung des kirchlichen
Vorlesers Petrus miteinander und überfielen die Frau
hinterrücks, als sie bei irgendeiner Gelegenheit nach Hause
zurückkehrte. Die Männer rissen sie aus der
Sänfte und schleiften sie gewaltsam zu der Kirche, die unter
dem Namen Kaisarion bekannt ist. Dort zogen sie ihr die Kleider aus und
zerfleischten ihren Leib mit Scherben. Glied um Glied rissen sie die
Frau in Stücke, trugen danach alles auf dem so genannten
Kinaron zusammen und verbrannten es. Die Tat trug Kyrill und auch der
Kirche von Alexandria große Schande ein. Denn was
könnte denen, die wie Christus gesinnt sind, ferner liegen als
Mord, Blutvergießen und dergleichen?«
Der Tod Hypatias –
Ende des antiken Zeitalters?
Für Arnulf
Zitelmann (*1929) "markiert der Anschlag auf Hypatia das Ende
des antiken Zeitalters". Darüber hinaus symbolisiert er m. E.
so eindrücklich, wie kaum ein anderes Ereignis, die
Vernichtung der sog. "heidnischen" Kultur durch das zu weltlicher Macht
gelangte Christentum.
Und Zitelmann kommt zu einer
bemerkenswerten Einschätzung der dunklen Seite "christlicher
Solidarität":
"Die christliche
Solidarität übersprang nämlich nicht die
Schranken des Geschlechts. Man übte
»Bruderliebe«, doch praktizierte keine
Geschwisterlichkeit. Hypatia, die Tochter Theons, war das erste Blutopfer
jenes Frauenhasses, der sich später in den Hexenverfolgungen
zum Blutrausch steigerte. Hypatia steht für Hunderttausende
von Namenlosen. Ihr Name darf darum nicht aus der Geschichte
verschwinden."
Das Schicksal Hypatias steht nach
meiner Auffassung beispielhaft für die Wirkung des schon im
frühen Christentum bzw. in dessen führenden
Köpfen ausgebildeten Hasses auf alle Gebildeten, deren Bildung
nicht ausschließlich den von der Kirche vertretenen
christlichen Glaubensinhalten diente: Eine gebildete,
unabhängige, eigenständig denkende und handelnde Frau
muss für die zu Macht und Einfluss gelangten
Kirchenführer eine besonders unerträgliche
Provokation gewesen sein.
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